Underberg
Als ich noch klein war, konnte man in der Eisanbahn noch die Fenster öffnen. An den Fenstern waren Schilder
mit meinem Lieblingsmantra: ne pas se pencher au dehors (sprich: ne pas se pencher au dehors). Es roch nach Messing.
Die Toiletten waren nach unten, zum Gleis hin, offen. Und an Scheunen und Trafohäuschen hingen manchmal große
Schilder, die für Underberg Reklame machten. Diese Reklameschilder waren ausschließlich für Bahnreisende
konzipiert, es gab sie nirgends sonst zu sehen. Für mich gehörten sie untrennbar zum Eerlebnis der Eisenbahnreise
dazu. Dies war die Zeit vor der Erfindung des ICEs und bevor jeder Vorortzug klimatisiert war. Für immer ungelöst
bleibt das Rätsel: sollten jene Rekalmetafeln ein Bein mit Fuß darstellen oder eine Flasche?
Eines Tages stellte ich mich ans Zugfenster, den aufnahmebereiten Photoapparat in der Hand, und photographierte
die vorbeifliegenden Underbergreklamen. Natürlich war es eine Frage der Reaktionsgeschwindigkeit; Zeit, um
durch den Sucher zu sehen, gab es nicht. Damals begannen diese Schilder bereits auszusterben; Underberg hatte wohl
seine Zahlungen an die Scheunenbesitzer eingestellt. Deshalb langweilte ich mich ein bischen und machte zwischendurch
auch noch Photos ohne Underbergreklame, die hier in Schwarz-Weiß wiedergegeben sind.